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Verwechslungsgefahr im Markenrecht – Sinngehalt nach analytischer Betrachtung irrelevant
BGH: Verwechslungsgefahr im Markenrecht – Sinngehalt, der sich erst nach analytischer Betrachtung ergibt, reicht zur Unterscheidung zweier Marken nicht aus.

3. Januar 2018

Verwechslungsgefahr Markenrecht
(Bild: © Kwangmoo - Fotolia.com)

Mit Urteil vom 2. März 2017 (Az.: I ZR 30/16) hat der BGH ein Urteil des OLG Hamm aufgehoben. Dieses befasste sich mit der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr zweier sich gegenüberstehender Zeichen. Das OLG verneinte trotz Ähnlichkeit in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht die Verwechslungsgefahr zwischen „Medicon-Apotheke“ und „Medico Apotheke“.

Der BGH stellt klar, dass es sich bei der Beurteilung, ob eine Wortmarke die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, darauf ankommt, welche Bedeutung der angesprochene Verkehrskreis den Worten beimisst. Nicht von Bedeutung sei hingegen, welche Bedeutung der Markeninhaber den Worten beimessen will.

„Medicon-Apotheke“ vs. „Medico-Apotheke“

Die Eigentümerin der Wortmarke „Medicon Apotheke“ war Dienstleitungsanbieter im Bereich des Apothekers. Das Markenzeichen der Wort-Bild-Marke bestand aus den übereinanderstehenden Wörtern MEDICON (blau) und APOTHEKE (rot) auf weißem Hintergrund.

Sie wendete sich gegen den Betreiber eine Apotheke mit dem Namen „Medico Apotheke“, welche auch Online unter der Domain „medico-Apotheke-p“ auffindbar war. Nach ihrer Ansicht verstoße die Nutzung des Begriffs „Medico-Apotheke“ gegen ihre lizenzierten Markenrechte unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr.

LG und OLG verneinen Verwechslungsgefahr des Markenrechts nach dem Sinngehalt

Das LG Bielefeld und OLG Hamm hatten zunächst noch angenommen, dass zwischen den beiden Zeichen keine Verwechslungsgefahr bestehe (Az.: 17 O 12/15 und 4 U 77/15).

Das OLG Hamm ging davon aus, dass der Verkehr unter den Wortbestandteilen „medi“ Medizin, medizinisch oder Medikament verstehen würde; unter dem Wortteil „con“ den Begriff des Consultings. Diese Auslegung des Markennamens spiegelt den Tätigkeitsbereich des Unternehmens der Markeninhaber wider – nämlich die Beratung im Bereich der medizinischen Produkte.

Der Auffassung des OLG Hamm nach seien der Markeninhaber der „Medicon-Apotheke“ und die Medico-Apotheke nach dem Sinngehalt der Wortmarke nicht auf demselben Markt tätig – nämlich auf dem Markt des Medikamentenvertriebs.

BGH: Analysierende Betrachtung des Markennamens irrelevant

Dem tritt der BGH nun allerdings entgegen. Es widerspreche dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr in der Regel eine zergliedernde und analysierende Betrachtung eines Markennamens vornimmt. Der Verkehr würde hier eindeutig hinter dem Begriff „Medicon-Apotheke“ das gleiche Geschäftsfeld vermuten wie hinter dem Begriff „Medico-Apotheke“.

Für die Bewertung der Verwechslungsgefahr sei hingegen nur die Zeichenähnlichkeit in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht ausschlaggebend. Ein Sinngehalt, der sich erst nach analytischer Betrachtung ergebe, reiche hingegen nicht aus. Im vorliegenden Fall haben die Markenzeichen eben keinen klar erkennbaren unterscheidenden Sinngehalt.

Der BGH stellt darüber hinaus in seinem Urteil klar, dass vor allem bei der Identität der Dienstleistung, gleicher durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Wortmarke und gleicher schriftbildlicher Zeichenzahl die Verwechslungsgefahr nicht verneint werden könne.

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