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Öko-Test-Siegel: BGH setzt Verfahren um Markenverletzung aus
Unternehmen nutzte Öko-Test-Siegel auf nicht getestetem aber ähnlichen Produkt. Ob dies zulässig ist, soll nun der EuGH entscheiden.

12. September 2018

ÖKO-TEST
(Bild: © Trueffelpix - Fotolia.com)

Dürfen Unternehmen das Öko-Test-Siegel auch dann nutzen, wenn das Magazin nicht das abgebildete, sondern lediglich ein ähnliches Produkt getestet hat? Mit genau dieser Frage durfte sich der BGH auseinandersetzen. Dieser hingegen setzt das Verfahren nun vorerst aus (Beschl. v. 18. Januar 2018 – I ZR 173/16; I ZR 174/16); und zwar bis zu dem Zeitpunkt, in dem der EuGH eine ähnliche Frage des Oberlandesgerichts Düsseldorf beantwortet hat.

ÖKO-TEST klagt gegen Otto

Die Inhaberin einer im Jahr 2012 registrierten Unionsmarke gegen den Versandhändler Otto. Die Unionsmarke gibt das ÖKO-TEST-Label wieder, welche für die Dienstleistungen „Verbraucherberatung und Verbraucherinformationen bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen“ eingetragen ist.

Die Inhaberin gestattet Herstellern und Vertreiber der von ihr getesteten Produkte die Werbung mit ihrem ÖKO-TEST-Siegel nur, wenn diese mit ihr einen entgeltlichen Lizenzvertrag schließen. In diesem Lizenzvertrag regelt die Inhaberin sodann alle Bedingungen für die Nutzung des Labels.

Otto fehlten die passenden Lizenzverträge für die ähnlichen Produkte

Der Versandhändler Otto hatte nun über sein Internetportal eine blaue Baby-Trinkflasche und einen grünen Baby-Beißring angeboten. Daneben hatte der Versandhändler jeweils das ÖKO-TEST-Label mit der Note „sehr gut“ verwendet.

In einem weiteren Fall hatte der zu Otto gehörende Bauer Versand im Internet ein Lattenrost in verschiedenen Größen und Ausführungen sowie einen schwarz-weiß-roten Fahrradhelm angeboten. Auch bei diesen Angeboten waren daneben die Öko-Test-Labels „gut“ beziehungsweise „sehr gut“ abgebildet, beim Lattenrost sogar mit der Fundstelle für den tatsächlich getesteten Rost mit verstellbarem Kopf- und Fußteil.

In beiden Fällen soll Otto nicht über die geforderten Lizenzverträge mit der Inhaberin der Unionsmarke des ÖKO-Test-Labels verfügt haben. Otto habe (nur) über Lizenzen für andersfarbige Baby-Trinkflaschen, andersfarbige Helme sowie Lattenroste mit unterschiedlichen Größen verfügt.

Ausnutzung der Wertschätzung des ÖKO-TEST-Labels

In dem Verfahren auf Unterlassung geht es in erster Linie um die Nutzung von Unionsmarken. Die Lizenzen seien nicht umsonst streng ausgestaltet. Eine andere Farbe eines Produktes habe andere Inhaltsstoffe und so teilweise auch andere Eigenschaften.

Auch die unterschiedlichen Größen von Lattenrosten können deren Funktion und die sich daraus ergebenden Testergebnisse maßgeblich beeinflussen. Ließe man auch bei noch so ähnlichen Produkten eine weite Anwendung der Lizenzverträge zu, so könne dies zu Irrtümern beim Verbraucher führen:

„Wenn wir uns darauf einlassen, weiß der Verbraucher am Ende nicht mehr, was wirklich getestet wurde.“

Entgegen der Ansicht der Inhaberin des ÖKO-TEST-Labels sieht der Versandhändler Otto keine Irreführung der Verbraucher, solange man auf das tatsächlich getestete Produkt hinweise.

KG Berlin: Nutzung der Unionsmarke rechtswidrig

Das Kammergericht Berlin sah in dem Verhalten eine Markenrechtsverletzung (Urteil vom 21. Juni 2016 – 5 U 136/15 und 5 U 108/16). Die Berliner Richter gingen davon aus, dass Otto und Bauer mit der Verwendung des Labes die Wertschätzung einer bekannten Marke ohne rechtfertigenden Grund oder Lizenz in unlauterer Weise ausgenutzt haben.

Die Verwendung des Labels führe beim Verbraucher fälschlicher Weise zu der Vorstellung, die angebotenen Produkte seien kontrolliert und bewertet worden. Die Wertung, ob auch ähnliche Produkte von dem ÖKO-TEST-Label umfasst seien, müsse nach wie vor der Inhaberin der Unionsmarke vorbehalten bleiben.

Verfahren vor dem BGH vorerst ausgesetzt

Ob der BGH der Ansicht des Kammergerichts folgen wird, bleibt vorerst unbeantwortet. Der Grund: Das OLG Düsseldorf legte dem EuGH eine Rechtsfrage zur rechtverletzenden Benutzung einer bekannten Marke vor, welche auch für das beim BGH rechtshängige Verfahren von Bedeutung sein wird. Dementsprechend setzte der BGH sein Verfahren wegen Vorgreiflichkeit des in Luxemburg anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens zunächst aus.

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Für ein Handeln im geschäftlichen Verkehr als Voraussetzung für eine Markenverletzung kommt es entscheidend auf die erkennbar nach außen tretende Zielrichtung des Handelnden an. Erweckt ein Internetauftritt für den angesprochenen Verkehr unzweifelhaft den Eindruck eines gewerblichen Angebots, kann der Handelnde sich nicht mit Erfolg darauf berufen, das angebotene Erzeugnis stamme tatsächlich aus seinem privaten Bestand.

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